EINE PARAPHRASE ZU DEN ARBEITEN VON IRINA MATTHES
Wenn Begriffe nicht mehr greifen, weil die Beziehungen zwischen den
Wörtern und den Dingen, die sie bezeichnen nicht mehr stimmen,
wenn ihnen der Sinn dessen, was sie begreifen sollen, abhanden
gekommen ist (was eine Befreiung sein kann), dann sind sie wie
Seifenblasen, die platzen, wie Löcher in der Luft.
Das betrifft nicht nur die Wörter, die in den Bildobjekten und
Installationen von Irina Matthes vorkommen, sondern auch
die Dinge selbst, auch den Gegen-
ständen ist der aufgeprägte Sinn, das, was wir als ihre Identität erkennen, kritisch
geworden, er ist, genau so, wie es in den Skulpturen
aussieht, verdreht, verrutscht, verbaut, abgelegt,
abgehangen, ausgehöhlt, wie auch immer - aber
es sieht nicht aus wie eine Befreiung, obwohl
es eine ist: Befreiung von vorbe-
stimmten Zwecken
und gutem Benehmen, Befreiung vom Zwang zur Identität;
sondern es sieht aus wie die Fortsetzung vorausgegangenen
Elends in einem anderen System: Verwandlung der Dinge
in Bilder prekärer Daseinsbehauptung. Auch eine Art Mimesis.
Was ist es doch, daß ihr tut, als wenn ihr wirklich wäret.
(Franz Kafka, Beschreibung eines Kampfes)
Karl Hans Müller
/August 2010
Irina Matthes Studium an der Kunstakademie Düsseldorf und an der HBK Braunschweig bei Georg Herold und Thomas Rentmeister.
2003 Stipendiatin an der Cité des Arts Paris