DRAMA, BABY!
EXISTENZ UND SICHTBARKEIT
Keine jener Arbeiten, die den Titel der Ausstellung
ELISABETHRÄUME inspiriert haben, die nicht auf
Monumentalität hin konzipiert wären!
Monumentalität scheint für Elisabeth
Brockmann eine, wenn nicht
die Existenzbedingung für einen
grossen Teil ihrer künstlerischen Arbeit zu sein. Die Grösse der
Arbeiten ist an die Architektur, für die sie gedacht sind, gebunden;
aber das erklärt nicht ihre Monumentalität, sondern es sagt nur
(nur im Sinne von ausschliesslich, ganz und gar), dass die
Künstlerin entschieden hat, die architektonischen Räume zum
sichtbaren Mass, zum Phänotyp ihrer Imaginationen zu machen.
Die Grösse der Bildwerke ist der adäquate Ausdruck für das
Kunstwollen von E.B. Und das Zentrum dieses Wollens ist
Sichtbarkeit: Gesehenwerdenwollen. Dieses Wollen ist
deutlich,
stark und
unabweisbar, also das Gegenteil von kontingent, von
flüchtig, prekär, von beliebig und zufällig - es soll so sein wie wir
uns unser Leben wünschen, wie es aber leider nicht ist - daher
die enorme Bedeutung der Täuschung im Werk von E.B. Die
Sichtbarkeit ist der Modus der Seinsweise des Kunstwerks: nur
das, was gesehen wird, existiert, als Bild, als Vorstellung, als
Möglichkeit, als Versprechen; deshalb muss, damit das Bild seine
spezielle Wirklichkeit erreicht, das GESEHENWERDEN in Szene
gesetzt werden - es geht um alles: more drama, please! Wirst du
nicht gesehen, existierst du nicht für den anderen. Diese Gefahr
buchstäblich vor Augen, und dahinter, die Dimension der realen
Unendlichkeit, das Verschwinden darin, lässt den mimetischen
Impuls so schnell expandieren wie ein Tropfen Glyzerin im
Moment seines Auftreffens auf der Oberfläche von Wasser.
Karl Hans Müller
November 2009